Ghostwriting: Geistreiches Schreiben.

 “I have a dream“ sagte Martin Luther King in seiner berühmten Rede. Aber war es wirklich Martin Luther King, aus dessen Feder dieser berühmte Satz floss? Zweifelsfrei war er ein scharfsinniger Redner, wortgewandt und schlagfertig. Quellen weisen jedoch darauf hin, dass er die berühmteste seiner Reden nicht im Alleingang geschrieben hat. Stanley Levinson und Clarence Benjamin Jones, zwei langjährige Gefährten, entwickelten den ersten Entwurf. Sie kannten Luthers Anliegen, sie teilten sein Engagement, und als wahre Vertraute wussten sie auch genau, was nach ihm klang und was nicht. Das sind schon einmal gute Voraussetzungen für erfolgreiches Ghostwriting: ein regelmäßiger Austausch sowie eine Vertrautheit mit der Gedankenwelt, dem Wertesystem und mit dem persönlichen Sprachstil der Person, in deren Namen man schreibt.

 

 

Was ist Ghostwriting?

 

„Ghostwriting“ bezeichnet das anonyme Verfassen von Texten im Auftrag und im Namen einer anderen Person, die den betreffenden Text nicht schreiben kann oder nicht schreiben will. Das kann ein ganzes Sachbuch oder ein Roman sein, aber auch ein einzelnes Redemanuskript oder serielle Veröffentlichungen, wie zum Beispiel die Pflege des LinkedIn-Profils für eine*n vielbeschäftigte*n CEO.

 

Im Deutschen wird das Berufsbild des Ghostwriters am häufigsten mit „Auftragsschreiber“ übersetzt. So richtig schön deutsch-bürokratisch. Nicht zu vergleichen mit dem bildstarken englischen Begriffs-Pendant „Ghostwriter“, diese mysteriöse, unsichtbare Gestalt mit rotem Satinumhang, schwarzem Handschuh und goldener Feder. Im frühmorgendlichen Nieselregen in der grauen Londoner City sehe ich ihn von dannen huschen, bevor das geschäftige Weltentreiben erwacht und seine mächtigen Worte von einer strahlenden Rampenlichtgestalt verlesen werden.

 

Also sowas ähnliches passiert da jedenfalls in meinem Kopf beim Ghostwriter, nicht so sehr beim „Auftragsschreiber“.

 

 Für wen lohnt sich Ghostwriting?

 

Ghostwriting hat immer noch immer die Aura des Exklusiven: Das leisten sich nur die wichtigen Leute. Menschen, die im Licht der Öffentlichkeit stehen und da eine gute Figur abgeben wollen. Politiker oder CEOs von Unternehmen, die keine Zeit haben, um die Keynote selbst zu schreiben, die Ansprache für die Jahreshauptversammlung der Aktionäre zu verfassen oder ihre LinkedIn-Follower mit ständig neuem Content zu binden.  

 

Zeitersparnis ist dabei nur ein Kriterium, weshalb „Ghosts“ engagiert werden. Daneben gibt es nicht wenige Menschen, die zwar viel zu sagen haben, die anerkannte Autoritäten ihres Fachs sind, denen jedoch das Schreiben nicht liegt. Sie spüren, dass ihre Botschaft, vermittelt über einen professionellen Ghost, nochmal eine neue Qualität gewinnt.

 

Daneben gibt es auch weniger exponierte Persönlichkeiten, die Ghostwriter engagieren. Im Leben eines jeden Menschen gibt es Momente, in denen es darauf ankommt, die passenden Worte zu finden: Der Universitätsprofessor möchte eine gute Antrittsrede abliefern, die Hochzeitsrede soll ein Highlight werden, der Investorenpitch soll mit gutem Storytelling eingeleitet werden. Nicht jedem fließt hier sogleich die passende Geschichte aus der Feder. Da kann ein Ghostwriter ein guter Sparringspartner sein, um den richtigen Twist zu finden, passend zur Person und zum Anlass.

 

Und genau hier sind wir beim Punkt: Mimesis ist gefragt! Die Kunst der Nachahmung. Das Hineinschlüpfen in die Persönlichkeit, in deren Namen man schreibt. Wie ein unsichtbarer Schauspieler, der sich die Rolle aneignet und ganz in der Person versenkt, die er (oder sie) darstellen soll.

 

Worauf kommt es an beim Ghostwriting?

 

Das Anforderungsprofil ist vielseitig und aus meiner Erfahrung gehören folgende Fähigkeiten dazu:

 

Gute Allgemeinbildung

Ghostwriter schreiben häufig für Menschen, die erfahrene Experten auf ihrem Gebiet sind bzw. qua Person für Kompetenz in ihrem Feld stehen. Nun muss der Ghostwriter kein Makroökonom oder Quantenphysiker sein, wenn der Auftraggeber einer ist, aber eine gute Allgemeinbildung und schnelle Auffassungsgabe sind in jedem Fall hilfreich, um von Beginn an Vertrauen herzustellen.

 

Empathie

Neben der Bereitschaft, inhaltlich in neue Welten einzutauchen, muss sich ein Ghostwriter auch in die Persönlichkeit seines Auftraggebers hineinversetzen. Ist er bzw. sie eher introvertiert oder extrovertiert? Jemand, der sich vorsichtig vortastet oder mit einer optimistischen Grundhaltung an alles herangeht? Psychologisches Fingerspitzengefühl und eine Vertrautheit mit den Persönlichkeitstypen der Kommunikation sind hier wichtig.

 

Gutes Zuhören

Wie spricht die Person? Wie schreibt sie? Lieblingsformulierungen? Wie entwickelt die Person ihre Gedankengänge? Kurze Sätze oder lange? Metaphernreich oder nüchtern, Anglizismen oder nicht? Ghostwriting ist die Nachahmung des ganz persönlichen Schreibstils und ich persönlich erarbeite bei längerfristigen Kooperationen immer eine Art persönliches „Wörterbuch“, das mir hilft, im Stil zu bleiben.

 

Umschaltfähigkeit

Das Ghostwriter-Kriterium schlechthin: In jede Sprachrolle schlüpfen zu können. Als schreibende Persona vollkommen zu verschwinden hinter der persönlichen Art des Auftraggebers. Gerade, wenn man mehrere Ghostwriting-Projekte parallel hat, ist das „Switchen“ von einem persönlichen Stil zum anderen wichtig. Ich versuche immer, zeitlich Abstand zu gewinnen, bevor ich wechsle.

 

Diskretion

Nicht jeder, der Ghostwriter beauftragt, will auch, dass andere davon erfahren. Dass Stillschweigen über die Zusammenarbeit bewahrt wird, sollte selbstverständlich sein (auch, wenn man bei manchen Anfragen oder Kunden megastolz ist). Es geht schließlich um die Reputation des Auftraggebers und es kann schnell Kreise ziehen, wenn man sich als Ghost hier ein Leak leistet.

 

Hartnäckigkeit

Wenn der Inhalt lau ist, kann das noch so schöne Sprach-Gewand nicht darüber hinwegtäuschen (siehe des Kaisers neue Kleider). Wenn nicht genug Substanz da ist, darf man sich nicht abwimmeln lassen und muss auf mehr Austausch bzw. Inhalt bestehen, um die Dienstleistung des Ghostwriting zu personalisieren.

 

 

Welche Leistungen umfasst Ghostwriting?

 

Das Schreiben ist – wie so oft – nur die letzte Stufe der Zusammenarbeit. Davor passiert alles Wichtige. In einem Personal-Branding-Workshop gehen wir der Personen-Marke auf den Grund und legen den Grundstein für Kernbotschaften, Stilistiken, Umfelder, in denen die Person auftritt.

 

Sie suchen noch nach der richtigen Stimme für Ihr Anliegen? Ich freue mich auf einen Austausch!

 

 

 

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