Schreibblockade? Hier deine Exit-Strategie.

Schon seit Minuten starrst du auf deinen Screen. Du hast bereits einige Anläufe genommen und wild entschlossen ein paar Sätze in deine Tastatur gehackt. Dann hast du sie gleich nochmal durchgelesen und alles wieder verworfen. So kann man das doch nicht schreiben! Wie klingt denn das. Was sollen bloß deine Leser denken. Ne. Also nochmal. Hm. Nö. So auch nicht. Mit jedem Anlauf wird die Blockade in deinem Kopf größer. Vielleicht ist ja heute einfach nicht dein Tag? Probierst du es eben morgen nochmal. Keine Ahnung was da los ist. Du bist nämlich sonst auch nicht auf den Mund gefallen. Du weißt, was du kannst und bringst es gut rüber, so im lockeren Dialog. Aber wenn du etwas schreiben sollst, ist auf einmal alles anders. Der berüchtigte Horror vacui streckt sein eiskaltes Händchen nach dir aus, macht deine Finger lahm und legt deine Beredtsamkeit in nie gekannte Fesseln.

Wenn dir das bekannt vorkommt, habe ich gute Neuigkeiten für dich: Du bist in allerbester Gesellschaft. Schriftsteller, Journalisten, Schreibprofis aller Zünfte haben mit dem Writer´s block zu kämpfen. Marcel Proust zum Beispiel, der hypersensible Franzose. Selbst das kleinste Umgebungsgeräusch war ihm unerträgliche Qual. Nur im akustisch hermetisch abgeschirmten, mit geräuschabsorbierendem Kork ausgeschlagenen Schreibstübchen konnte er in seinen Flow kommen.

Eine Schreibblockade kann viele Ursachen haben. In den seltensten Fällen ist es ein “Zuwenig” an Stoff, ein Mangel an Material. Kurioserweise ist es oft genau das Gegenteil, das zur Schreibhemmung führt. Sie befällt vornehmlich diejenigen, die viel zu sagen haben und zugleich höchste Ansprüche an sich selbst stellen. Die Perfektionisten und High Performer, die hart mit sich selbst ins Gericht gehen und bloß keinen Fehler machen wollen.

Hier die Top 3 der Glaubenssätze, die verantwortlich für deinen writer´s block sein können. Und ein paar leicht anwendbare Tipps, wie du ihnen ein Schnippchen schlägst.

“Der Anfang kommt zu allererst!”

Ja, es stimmt: Der Anfang ist wichtig. Der muss sitzen, damit du deine Leser fesselst und für deinen Text gewinnst. Doch du musst im Schreibprozess nicht mit dem Anfang beginnen. Ich rate dir, in der Mitte loszulegen. Wo ist des Pudels Kern? Was schwirrt in deinem Kopf herum, was unbedingt hinein muss in deinen Text? Am besten notierst du diese Kernargumente auf einem nicht-linearen Medium. Ich persönlich nutze hierzu Post-its. Der Vorteil ist, dass ich mich hier aufs Wesentliche konzentrieren muss und die Argumente, Themen immer wieder neu und dynamisch zuordnen kann, durch simples Umkleben und Neusortieren auf meinem textlichen Moodboard. Wenn du eher der digitale Typ bist, kannst du natürlich auch mit einer Mind-Map oder einem anderen Tool arbeiten, dafür gibt es diverse Programme. Das ist eine persönliche Angelegenheit. Doch egal, wie du es tust. Der Vorteil ist stets derselbe: Du nimmst die Linearität aus dem Schreibprozess heraus und “leerst” deinen Kopf erstmal tüchtig aus, so dass da oben in den grauen Zellen wieder Speicherplatz frei wird. Das befreit und entlastet. Und gibt dir das gute Gefühl, dass eigentlich schon alles da ist, was du brauchst. Wie die gut vorbereiteten Zutaten für ein leckeres Menü.

“Schreiben ist Gold, Sprechen ist Silber.”

Das ist eine Sache, die ich immer wieder beobachte: Menschen, die unglaublich eloquent sind im Miteinander, werden plötzlich sehr kompliziert und förmlich wenn sie ins schriftliche Medium wechseln. Als würde die Welt der Sprache in zwei Teile zerfallen, die niedrige Kunst des Gesprächs und die hohe Kunst des geschriebenen Wortes. Bestimmt ein Relikt aus Schulzeiten, wo der schriftliche Aufsatz immer die Königsdisziplin war. Dadurch baust du einen unnötigen Druck auf und du riskierst zudem, deine Leser zu verlieren. Im Grunde gelten für einen geschrieben Text genau dieselben Regeln wie für ein gelungenes Gespräch. In beiden Fällen willst du Menschen gewinnen für deine Sache. Dies gelingt am besten, indem du sie unterhältst und gedanklich mitnimmst auf deine Reise. Habe keine Scheu, dich verständlich auszudrücken. Verwende Begriffe, die du auch in der gesprochenen Sprache einsetzt. Baue keine verschachtelten Satz-Ungetüme auf, die deine Leser erst einmal dechiffrieren müssen. Gestalte das Leseerlebnis leicht, unbeschwert und unterhaltsam. Wenn unterhaltsam nicht geht, dann zumindest empathisch. Überlege dir, welche Gefühle deine Leser mit deinem Thema verbinden und verbinde dich so mit ihnen, indem du sie auf ihrer Wellenlänge, bei ihren Gedanken abholst (das habe ich hier im Einstieg getan, indem ich das Erlebnis der Schreibblockade aufgegriffen habe). Gerade, wenn der Text, den du schreibst, ein persönliches Anliegen transportieren soll, empfehle ich dir: Höre dir selbst zu. Lerne deine Keywords kennen. Deine Satzrhythmik. Wie klingst du für deine Zuhörer? Was ist typisch für dich? Hierzu nutzt du ganz einfach das Aufnahmegerät deines Smartphones und sprichst ein, worüber du schreiben möchtest. Du wirst dich ganz neu wahrnehmen und in jedem Fall ein Gefühl für deine unverwechselbare Tonality entwickeln, die dir hilft, authentisch zu schreiben.

“Ich muss allen gerecht werden.”

Tja. Man kann es nie allen recht machen. Schreiben bedeutet unweigerlich, einen Ausschnitt aus einem riesigen Universum an Möglichkeiten zu wählen. Schreiben verlangt Mut, weil du dich festlegst. Deine Perspektive wählst. Deine Stellung beziehst. Du wirst verdichten, komprimieren, vereinfachen, zusammenfassen müssen und nicht jeden Aspekt der unendlich komplexen Wirklichkeit erfassen. Dafür wirst du Kritik ernten. Immer. Versuche gar nicht erst, all die möglichen Wenns und Abers in deinem Kopf zu antizipieren, bevor du mit deinem Text hinausgehst in die Welt. Schreibe ohne Selbstzensur und schalte die Stimmen in deinem Kopf aus. Wenn das nicht gelingt, lege dir eine Liste an mit den zu erwartenden Gegenstimmen, und zerknülle sie genüsslich zwischen deinen Fingern - wenn nötig, schmeiße sie gegen die Wand. Damit bannst du sie und kannst dich wieder auf die Power deines Textes konzentrieren, anstatt dich zu zermürben. Dies ist vor allem für extrem selbstkritischen Schreiber eine wichtige Übung. Denn oft sitzt der größte Feind im eigenen Kopf ;-)

Du möchtest noch besser werden? Mehr Schreibtipps einholen und in deinen persönlichen Flow finden? So, dass du künftig authentischer, effizienter und mit mehr Lust am Text an die Sache gehst? Let´s go for it!

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Namensfindung. Königsdisziplin mit Dornenkrone.

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